Graupapageien - Aufzucht


Gründe für die Handaufzucht
Die Gründe für die Handaufzucht sind sehr vielfältig. Wichtigster und häufigster Grund ist das Nichtfüttern der Jungvögel durch die Elterntiere. Hier liegen die Ursachen häufig im Dunkeln. Unerfahrenheit der Zuchttiere oder Störungen von außerhalb sind die Hauptgründe für eine solche Fehlleistung.
Es gibt aber auch Paare die ihre Jungtiere, die aus unerklärlichen Gründen töten oder verstümmeln, z.B. durch Abbiß der Zehen bis hin zu Flügeln oder ganzen Beinen.
Wieder andere Elterntiere rupfen die Jungvögel so stark, daß ihnen kaum noch eine Feder bleibt. Es gibt aber auch Züchter, die die Jungtiere direkt nach dem Schlupf den Eltern wegnehmen, damit diese nochmals ein Nachgelege produzieren. Andere entfernen die Küken nach einigen Tagen oder auch Wochen.
Bei großen Gelegen kann es vorkommen, daß das jüngste oder die jüngsten Küken nicht genügend Futter abbekommen. Um diese vor dem Hungertod zu retten ist auch hier eine Handaufzucht vielversprechend.

Aufzuchtsboxen
Unter einer Aufzuchtsbox versteht man ein Behältnis in dem die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit so regeln kann, daß man je nach Alter der Küken die optimalen Bedingungen für deren Aufzucht schaffen kann. Das einfachste Modell einer Wärmeeinrichtung für die Handaufzucht junger Papageien ist ein Wärmedunkelstrahler, wie er auch für die Aufzucht von Hühnerküken verwendet wird. Die Temperatur wird durch den Abstand zum in einer Schüssel liegenden Jungvogel geregelt. Die Methode ist die einfachste, aber auch die unsicherste, da das Jungtier nur in einer Schüssel liegt und nicht zusätzlich durch eine geschlossene Box geschützt ist, so, daß äußere Einflüsse nie ausgeschlossen werden können.
Spezielle Wärmeboxen gibt es in den unterschiedlichsten Ausführungen von der einfachen Holzkiste mit Heizspirale bis zur digital gesteuerten voll abwaschbaren Kunststoffwärmebox.

Tip: Achten Sie beim Kauf einer Wärmebox auf ein Heizsystem, das die Box gleichmäßig erwärmt sowie auf ein gutes Belüftungssystem, damit eine regelmäßige Frischluftzufuhr gewährleistet ist.

Unterbringung der Küken in der Aufzuchtbox (Einstreu)
Die geeignetste Unterbringung der Küken in der Aufzuchtbox sind Plastikschüsseln. Diese sollte man in verschiedenen Größen und in genügender Anzahl vorrätig haben. Zu achten ist bei diesen Behältnissen, daß sie keine scharfen Kanten haben, an denen sich die Jungvögel verletzen könnten. Ecken in denen sich Schmutz festsetzen kann sollten die Schüsseln ebenfalls nicht haben. Runde Schüsseln sind am leichtesten sauber zu halten und deshalb empfehlenswert.

Frisch geschlüpfte Küken sollte man zur besseren Beobachtung zunächst einzeln unterbringen. Dazu sollte man eine Schüsselgröße wählen bei der sich das Küken noch bequem auf dem Boden hinlegen kann, ohne eingeengt zu sein. Die Schüsselgröße muß sich dem Wachstum des jungen Vogels natürlich anpassen.
Sind nach zwei Tagen Beobachtung keine Komplikationen bei einem frisch geschlüpften Küken aufgetreten, sollte man die Tiere einer Brut zusammenlegen. Man wähle dann natürlich auch ein entsprechend großes Gefäß.

Die Schüsseln sollte man zumindest in den ersten beiden Lebenswochen der Küken mit saugfähigen Küchenpapier auslegen. Nach jeder Fütterung sollte man das Papier erneuen, damit die Küken sauber bleiben, gleichzeitig kann man an der Kotmenge und deren Konsistenz sehen, ob die Verdauung gut funktioniert.

Man kann die Methode mit dem saugfähigen Papier solange fortsetzen solange die Küken sich in der Schüssel aufhalten, da aber nach ca. 14 Lebenstagen das Kotaufkommen derart steigt, daß der Papierverbrauch enorm wird, ist es ratsam die Einstreu in den Schüsseln zu ändern.

Saugfähiges Papier
Vorteile: gute Saugfähigkeit
Nachteile: hoher Verbrauch, muß meist nach jeder Fütterung gewechselt werden

Maisgranulat
Vorteile: sehr gute Saugfähigkeit, extra als Kükeneinstreu hergestellt, bei Aufnahme durch die Küken, passiert nichts, da das Granulat ohne Schaden wieder ausgeschieden wird
Nachteile: kann mit Pilzen belastet sein
Vorteile: gute Saugfähigkeit
Nachteile: müssen oft gewechselt werden damit die Jungtiere sauber bleiben

Temperaturen in der Aufzuchtsbox
Die Jungtiere schlüpfen bei einer Bruttemperatur von etwa 37,2°C. Bei dieser Temperatur können sie ohne weiteres auch noch während der ersten Lebenswoche gehalten werden. Es gibt Züchter die die Schlüpflinge aus dem Brutapparat mit ca. 37° C in die Wärmebox mit 35°C überführen. Diese Temperaturabsenkung liegt noch im Rahmen, sollte aber auf keinen Fall unterschritten werden. Auch Temperaturen über 37°C sind auf jeden Fall zu vermeiden, da sie den Küken nicht zuträglich sind. Mit zunehmendem Alter kann man schrittweise die Temperaturen in der Wärmebox absenken, so daß man zum Zeitpunkt der kompletten Befiederung der Jungvögel Zimmertemperatur erreicht hat.
Jammernde, schlappe oder unnormal unruhige Küken können ein Anzeichen für zu hohe oder zu niedere Temperaturen sein. Eine kleine Veränderung am Temperaturregler können das Befinden der Küken oftmals entscheidend ändern.

Tip: 1 Wird ein Küken einzeln aufgezogen hat es keine Nestgeschwister die es zusätzlich wärmen es sollte daher nur sehr vorsichtig eine Temperaturabsenkung vorgenommen werden.

Tip: 2 Hält man ein noch nicht befiedertes Küken an die eigene Wangen, sollte es sich immer warm anfühlen. Fühlt es sich eher kühl an, ist die Temperatur im Aufzuchtskasten zu niedrig eingestellt.

Luftfeuchtigkeit in der Aufzuchtsbox
Der Luftfeuchtigkeit in der Aufzuchtbox sollte man durchaus gesteigerte Aufmerksamkeit entgegen bringen, da sie erheblich zum Wohlbefinden der Jungtiere beiträgt.
Eine Luftfeuchtigkeit in der Wärmebox unter 30% birgt die Gefahr der Austrocknung der Schleimhäute in sich außerdem kann bei Aras (Ara) und Edelpapageien (Eclectus) das Toe-Syndrome auftreten.
Liegt die Luftfeuchtigkeit über 70%, kann den Küken bei hohen Temperaturen das atmen schwer fallen, sie wirken dann oft schlapp.
Luftfeuchtigkeit in der Wärmebox, während der Aufzucht zwischen 45% und 55% als problemlos herausgestellt.

Tip: Schält sich die Haut der Küken, ist die Luftfeuchtigkeit eindeutig zu niedrig, man sollte diese dann auf über 40 % erhöhen. Es bleiben dann keine Schäden für die Küken zurück.

Beleuchtung der Aufzuchtsbox
Die meisten Aufzuchtboxen bestehen aus beschichteten Holzplatten oder lichtundurchlässigem Kunststoff und sind nur an ihrer Vorderseite mit Klarsichtscheiben versehen. Deshalb sind diese Boxen in der Regel auch mit einer Lampe ausgerüstet, die von außen zur Kontrolle des Geschehens in der Box angeschaltet werden kann. Dies sollte jedoch nur zur Kontrolle geschehen und keine Dauerbeleuchtung sein.
Die Beringung mit geschlossenen Ringen ist eine Möglichkeit der individuellen Markierung der Jungvögel.

Eine weitere Möglichkeit der Kennzeichung ist die Implantierung eines Transponders (Mikrochips). Diese Maßnahme ist allerdings von einem erfahrenen Tierarzt auszuführen.
Wenn der Papageienzüchter zwar seine Vögel mit Transpondern versehen läßt, aber, wie schon oft in der Praxis erlebt, keine Ablesegerät besitzt, ist diese Maßnahme fast ohne jeglichen praktischen Nutzen.

Fütterung der Küken
Bevor man sich zu einer Handaufzucht von Papageien entschließt, sollte man genau wissen welch enormen Arbeitsaufwand man sich damit auflädt. Die Zeitspanne vom Schlupf bis zur völligen Selbstständigkeit kann je nach Papageienart zwischen fünf Wochen bei einem Wellensittich (Melopsittacus undulatus) und sieben bis acht Monaten bei einem Hyazinthara (Anodorhynchus hyacinthinus) liegen. In dieser Zeit ist man ständig gefordert, man muß die
Fütterungszeiten und die Anzahl der Fütterungen genau einhalten, man kann nicht einfach, wenn ein Familienfest oder Urlaub ins Haus steht heute einfach mal nicht füttern. Die Kontinuität der Betreuung während der Aufzuchtphase macht einen Großteil des Erfolges aus.

Futtermischungen und wichtige Inhaltsstoffe (Protein, Calcium, Lactobazillen)
Als Mitte der 90er Jahre die ersten Handaufzuchtsfuttermischungen für Papageien auf den deutschen Markt kamen revolulionierte dies schon ein wenig die Handaufzucht von Papageien. Hatte zuvor noch jeder Züchter sein eigenes Geheimrezept, dem er dies oder jenes Präparat zuführte oder nicht. Glückte oftmals eine Handaufzucht mit der Mischung des einen Züchters, mit der gleichen Mischung hatte ein anderer wiederum Pech, gab es nun Fertigfuttermischungen, denen man laut Hersteller nichts mehr zuführen mußte, ja nicht einmal durfte, um nicht das Gleichgewicht der Mischung durcheinander zu bringen.
Tatsächlich klappte die Handaufzucht mit diesen Fertigfuttermischungen, die vor allem aus Amerika stammen meistens problemlos. Die Mischungen wurden zuvor in großen Zuchtstationen ausprobiert und den Bedürfnissen der Papageien angepaßt. Die Firmen die die Futtermischungen selbst herstellen unterhalten hierzu große Zuchtstationen in denen Wissenschaftler arbeiten, um die optimalen Mischungen für die Bedürfnisse der einzelnen Arten auszutesten. Der Loro Parque verwendet das Nutri-Bird Aufzuchtfutter der Fa. Versele-Laga, mit dem sehr gute Ergebnisse erzielt wurden. Aus diesem Grund empfiehlt der Autor durchaus sich für eine fertige Aufzuchtfuttermischung für Papageien zu entscheiden, sie auszuprobieren und wenn die Aufzucht der Jungtiere problemlos gelingt auch dabei zu
bleiben. Ständiges Ausprobieren und Experimentieren schaden eher den Vögeln als es zuträglich ist und man hat langfristig bei ständigen Änderungen keine Vergleichsmöglichkeiten.

Methoden der Fütterung
Es gibt unterschiedliche Methoden der Fütterung der Jungtiere, im folgenden sollen die Vor und die Nachteile der jeweiligen Methode dargestellt werden:

Fütterung mit dem Löffel (das Futter wird mit einem nach oben gebogenen Löffel dem Jungtier direkt an den Schnabel gereicht)
Vorteile: der Vogel muß das Futter durch aktives Rütteln am Löffel aufnehmen, kommt der natürlichen Fütterung durch die Eltern am nächsten
Nachteile: ungeübte Pfleger verschmutzen den Jungvogel durch herabtropfendes Futter oft stark, Fütterrung dauert relativ lange, Futtermenge nicht genau meßbar

Fütterung mit der Futterspritze (das Futter wird durch die Spritze direkt in den Schnabel des Vogels gespritzt)
Vorteile: der Vogel muß das Futter aktiv herunterschlucken, relativ schnelle Fütterungsmethode, man kann die Futtermenge genau bemessen, einfachste Fütterungsmethode
Nachteile: grobe Futterstoffe verstopfen oftmals die Spitze

Fütterung mit der Kropfsonde oder –schlauch (das Futter wird über eine Sonde (Schlauch) die auf eine Futterspritze gesteckt ist, direkt in den Kropf gespritzt
Vorteile: sehr schnelle Fütterungsmethode, Futtermenge kann genau berechnet werden
Nachteile: die Kropfsonde muß vom Schnabel aus durch die Speiseröhre in den Kropf geführt werden, sehr leicht kann die Sonde bei ungeübten Pflegern dabei auch in die Luftröhre gelangen, ein Einspritzen des Futters hätte den sofortigen Erstickungstod zur Folge, weiterhin braucht der Vogel bei dieser Fütterungsmethode keine aktiven Schluckbewegungen vorzunehmen, da er das Futter direkt in den Kropf gespritzt bekommt, unnatürlichtse Fütterungsweise

Futterzubereitung
Die meisten Fertigfuttermischungen, die heute auf dem Markt sind müssen lediglich mit Wasser angerührt werden und sind dann sofort an die Küken verabreichbar. Es hat sich bewährt zunächst die benötigte Futtermenge in ein Glas oder eine Tasse zu schütten und dann in der entsprechend auf der Packung angegebenen Wassermenge aufzulösen.

Da die Temperatur des Futters, das die Küken bekommen, der Körpertemperatur der Altvögel einigermaßen entsprechen sollte, um eine gute Futteraufnahme zu gewährleisten, muß diese etwa zwischen 38° C und 40° C liegen. Bei zu hohen Temperaturen besteht die Gefahr einer Kropfverbrennung (siehe dazu Kapitel Kropfverbrennungen), bei zu niederen Temperaturen kann es zu Verdauungsstörungen kommen. Wehrt ein Küken bei der Fütterung das Futter unter Verdrehen des Kopfes oder Ausspuken die Futtergabe ab, kann dies oftmals an der falschen Temperatur (zu hoch oder zu niedrig) liegen.
Man sollte das Futter deshalb mit genau temperiertem Wasser anrühren, das ruhig ein paar Grad wärmer sein kann, da durch das Anrühren das Wasser sehr schnell ein paar Grad Temperatur verliert. Gute Dienste bei der Überprüfung der Temperatur kann ein digitales Fieberthermometer leisten, das sehr schnell die entsprechende Temperatur anzeigt. Ist das Futter zu warm läßt man es einfach noch eine kurze Zeit abkühlen, bis die gewünschte Temperatur erreicht ist. Ist das Futter zu kalt geworden leistet ein warmes Wasserbad des Glases oder der Tasse in dem sich das Futter befindet gute Dienste. Hat man mehrere Vögel gleichzeitig zu füttern, empfiehlt sich sowieso das Futterbehältnis in ein Warmwasserbad zu stellen um ein Auskühlen zu verhindern.

Tipp: 1. Wer das Futter mit Hilfe eines Mikrowellenherdes erwärmt sollte das erwärmte Futter sehr gut umrühren, da sich das Futter innerhalb des Glases unterschiedlich erwärmen kann und sich unter Umständen sehr heiße Punkte bilden können, die dann ungewollt zu Kropfverbrennungen der Jungvögel führen können.

Tipp: 2. Wer das Futter mit heißem Wasser anrührt, kann sich dieses einmal am Tag erwärmen und dann in eine Thermoskanne abfüllen, dadurch spart man Zeit und Energiekosten.

Die erste Fütterung
Sind die Küken geschlüpft läßt man sie ca. zwei bis drei Stunden ausruhen und abtrocknen, bevor man sie das erste Mal füttert. Diese erste Fütterung sollte aus einem sehr dünnen Futterbrei bestehen und auch nur etwa 5 % des Körpergewichtes ausmachen. Hat das Küken dieses erste Futter nach zwei Stunden gut verdaut und den Kropf ganz geleert, kann man zur normalen Futtermenge von ca. 10 % des Körpergewichtes pro Fütterung übergehen.

Ein Nesthocker hat einen kleineren Dottervorrat als ein Nestflüchter, dessen Dotter bis zu zwei Tagen Nahrungsreserven bereithält. Aus diesem Grund hält der Autor nichts davon frisch geschlüpfte Papageienküken die ersten 24 Stunden nicht zu füttern, wie es noch in älterer Literatur probagiert wird. Videoaufnahmen im Nistkasten von Graf (mündliche Mitteilung) beweisen, daß Blaustirnamazonen (Amazona aestiva) ihre frisch geschlüpften Küken schon wenige Minuten nach dem Schlupf erstmals fütterten.

Anzahl und Frequenz der Fütterungen
Die Anzahl der Fütterungen hängt entscheidend vom Alter der Küken und von der Menge des verabreichten Futters ab. Je älter die Jungtiere werden desto weniger Fütterungen benötigen sie.

Frisch geschlüpfte Jungtiere werden in den ersten beiden Lebenstagen zwischen acht und zehnmal täglich gefüttert. Normalerweise kann man sagen alle zwei Stunden eine Fütterung für frisch geschlüpfte Küken. Entscheidend für den Beginn der nächsten Fütterung ist die Leerung des Kropfes, dieser sollte in der Regel vor einer neuen Futtergabe leer sein, zumindest aber nicht mehr wie 20 % der letzten Futtergabe noch enthalten. Da ansonsten die Gefahr einer Versauerung des Futters besteht.

Ein weiterer wichtiger Punkt der die Schnelligkeit der Verdauung und damit die Anzahl der täglichen Fütterungen beeinflußt ist die Konsistenz des Futters. Wird dieses in den ersten Lebenstagen ziemlich dünnflüssig gefüttert, sollte es mit dem Älterwerden der Jungtiere auch dickflüssiger werden. Dadurch wird die Zeit zwischen den einzelnen Fütterungen, aufgrund der längeren Verdauungszeit, vergrößert.

Im Laufe der ersten Lebenswoche kann man die Fütterungen auf 6 bis 8 pro Tag reduzieren. Im Alter von 14 Tagen reichen 4 bis 5 Fütterungen täglich aus. Drei Wochen alte Küken benötigen nur noch 3 bis 4 Fütterungen am Tag und 4 Wochen alte Jungtiere kommen mit drei Fütterungen täglich aus. Diese drei täglichen Fütterungen sollte man bis zum Zeitpunkt der vollständigen Befiederung der Tier beibehalten. Sobald die Vögel in den Absetzkäfig gebracht
werden kann man sie nur noch zweimal morgen und abends füttern parallel dazu sollte aber das erste Futter dargereicht werden, daß die Jungvögel zunächst spielerisch später dann gezielt aufnehmen. Hat man dieses Stadium erreicht läßt man die morgentliche Fütterung mit der Futterspritze weg und gibt stattdessen frisches Keimfutter und Obst, über das sich die Jungtiere dann stets schnell hermachen. Abends wird weiterhin die sogennannte „Überlebensration“ gegeben. Diese kann auch weiterhin gegeben werden. In den meisten Fällen wehren sich die Jungtiere von selbst, wenn dieses Zusatzfutter nicht mehr notwendig ist. Dann kann es selbstverständlich auch abgesetzt werden.

Futtermenge und Fassungsvermögen des Kropfes
Die Handaufzucht eines Papageis sollte immer auch mit der Erfassung von Daten einhergehen. So empfiehlt es sich auf jeden Fall das Jungtier täglich zu wiegen. Die gewonnenen Daten sollte man sich auf jeden Fall aufnotieren, am besten gleich in eine entsprechende Tabelle wie sie im Anhang aufgeführt ist.

Gesunde Küken nehmen täglich an Gewicht zu so daß man Unpäßlichkeiten des Küken auch an einer veränderten täglichen Zuwachsrate ersehen kann. Am besten wiegt man den Jungvogel immer zum gleichen Zeitpunkt, damit die gewonnenen werte auch eine Vergleichswert haben. In der Regel bietet sich dies morgens vor der ersten Fütterung an, da das Tier über nach den Kropf vollständig geleert hat, spielt die Kropffüllung bei der Messung keine Rolle.

Um die richtige Futtermenge für ein Jungtier zu bestimmen muß man auch auf die durch den Wiegevorgang gewonnenen Daten zurückgreifen. Pro Fütterung sollte man ca. 10% des Körpergewichtes in ml Futtermenge geben. Damit überstrapaziert man den Kropf nicht und die Küken sind in der Regel satt. Eine Gabe über 12 % des Körpergewichtes kann man schon als Überfütterung bezeichnen. In der Folge übergeben sich die Küken oftmals nach der Fütterung.
Beispiel: Wiegt eine jungr Kongo Graupapagei ca.235 g, so liegt man bei der Fütterung von 23 bis 25 ml Futterbrei im richtigen Rahmen.

Handling der Küken
Bei der Handaufzucht von Papageien sollte man darauf achten, daß man möglichst immer mindestens zwei Jungtiere gleichzeitig aufzieht, um eine totale Fehlprägung auf den Menschen wie sie bei einzeln aufgezogenen Tieren vorkommen kann, zu vermeiden.

Beabsichtigt man die aufgezogenen Papageien als zahme Hausgenossen zu halten, sollte man sich in der Aufzuchtsphase auch über die Fütterungsdauer hinaus Zeit nehmen und sich mit den Tieren beschäftigen, mit Ihnen zu sprechen, damit sie die menschliche Stimme kennenlernen und sie zu kraulen, damit sie den „sozialen Kontakt“ haben. Die Jungvögel werden sich dann eng an die Menschen anschließen, da sie in der kindlichen Prägungsphase eben den Menschen als Sozialpartner kennenlernen.
Vermeidet man aber die vorher beschriebenen Sozialkontakte und beschränkt die Begegnungen mit den Küken nur auf die Fütterungszeiten, bleiben diese relativ scheu. Und die Prägung geschieht eher auf die Nestgeschwister als auf den Menschen. Auf jeden Fall muß der Umgang mit den Küken immer behutsam und ruhig vonstatten gehen.
Die Alltagshektik sollte man vor dem Betreten des Aufzuchtraumes abstreifen.

Bevor man die Küken in die Hand nimmt ist immer eine gründliche Reinigung der Hände, am besten eine Desinfektion anzuraten, damit man die Jungvögel nicht unnötig mit an den Händen eventuell haftenden Krankheitskeimen belastet.

Wenn die Aufzuchtbox zu klein wird
Sobald die Jungtiere das Gefieder bekommen ist der Zeitpunkt erreicht, bei dem die Tiere der schützenden Wärmebox entnehmen kann. Durch das Gefieder funktioniert die Thermoregulierung des Vogels so gut, daß normale Zimmertemperatur ausreichend ist. Man setzt die noch flugunfähigen Tiere am besten in eine große Plastikkiste oder -wanne mit
entsprechender Einstreu. Hier haben sie dann ein wenig mehr Bewegungsspielraum und können ungestört ihre Flugmuskulatur trainieren, indem sie heftige Flugbewegungen ausüben, aber noch nicht abheben.

Der richtige Zeitpunkt die Vögel in einen Absetzkäfig aus Gitter zu setzten ist dann gekommen, wenn sie öfters auf den Rand der Kiste hochgeklettert sind, dort Flugübungen machen und von dort auch zu ersten Rundflügen losstarten. Da man die Jungtiere nicht den ganzen Tag unter Aufsicht hat ist es ratsam diese in Absetzkäfige oder –Volieren zu setzten.
Diese Behältnisse sind mit vielen Sitzmöglichkeiten und mehreren Futter- und Wasserstellen ausgestattet. Entscheidet man sich für einen Käfig, sollte man den Jungtieren mindestens einmal besser zweimal täglich die Möglichkeit bieten ihre Flügel zu trainieren und das Fliegen zu erlernen. In einer entsprechend großen Voliere kann der Vogel den ganzen Tag trainieren.

Entwöhnung der Jungvögel
Die Entwöhnungsphase ist für Vögel wie auch für den Halter eine Zeit besonderer nervlicher Anspannung. Die Jungtiere betteln und haben Hunger bekommen aber nur noch einmal am Tag und zwar abends ihre „Überlebensration“. In einer Gruppe von mehreren Tieren animieren sich die Tiere gegenseitig Futter aufzunehmen. Bei der Entwöhnung eines einzelnen Tieres ist das Ganze schon problematischer, da der gegenseitige Ansporn fehlt.
Nehmen die Tiere das erste Futter auf, heißt das noch nicht, daß sie von nun an kein Handaufzuchtfutter mehr benötigen. Erst wenn die Futteraufnahme gezielt geschieht und Mengenmäßig der eines Altvogels entspricht, außerdem die Aufnahme von Handaufzuchtfutter verweigert wird, kann man von einem entwöhnten Jungvogel sprechen.

Tipp: Hat man ein älteres Tier, am besten einen Jungvogel des letzten Jahres, zur Verfügung, kann diesen als „Lehrer“ zu den zu entwöhnenden Jungtieren dazusetzen. Die Jungvögel lernen so von ihrem Vorbild sehr schnell, wie sie das Futter aufzunehmen haben. Steht ein solcher „Lehrer“ nicht zur Verfügung, ist es ratsam die Jungtiere im Blickkontakt zu den Elterntieren oder anderen Papageien unterzubringen. Die Jungen beobachten das Verhalten
der Alttiere ganz genau. Auch so kann eine raschere Futteraufnahme gewährleistet werden.

Futter nach der Entwöhnung
In der Entwöhnungsphase lernen die Jungtiere das Futter aufzunehmen. Da dies vor allem gequollene oder gekeimte Körner sowie Obst sind, kann man nun nachdem die Futteraufnahme stabil geworden ist auch erstmals verschiedene Samen in trockener Form anbieten. Je reichhaltiger die Futterpalette sich darstellt desto besser ernähren wir die
Jungvögel. Gerade junge Tiere haben wenig Scheu neue Futterquellen zu erschließen. So hat schon mancher Züchter beobachten können, daß sich seine Alttiere, die oftmals noch Wildfänge waren relativ einseitig ernährt haben, seine Jungtiere fast alle angebotenen Futtersorten gerne aufnahmen. Dieses Verhalten der Jungtiere sollte man sich zu nutze machen und sie in der Phase nach der Entwöhnung möglich mit vielen Futtersorten unterschiedlichstem Obst, Gemüse und Beeren füttern. Denn auch hier zählt das etwas abgewandelte Sprichwort: Was der Jungvogel nicht lernt, lernt er als alter nicht mehr.

Unterbringung nach der Entwöhnung
Sobald die Jungtiere entwöhnt sind, kann man Sie in die für sie vorgesehene große Flugvoliere setzen, da ihr Flugvermögen dann auch soweit ausgereift ist sich dort auch zurechtzufinden. Auf keinen Fall sollten die Jungtiere in einem kleinen Käfig sitzen bleiben, da sie gerade als Jugendliche einen sehr großen Bewegungsdrang haben und diesen nicht im Kleinkäfig ausleben können, auch sollte man ihnen nicht die Möglichkeit des Fliegens durch eine enge Haltung beschränken.

Abgabe handaufgezogener Papageien
Sobald die Jungvögel völlig entwöhnt sind ist der Zeitpunkt gekommen, an dem man Sie normalerweise frühestens abgeben sollte. Für die Prägung der Jungtiere wäre es am besten Sie noch einige Monate im Jungvogelschwarm zu halten, aber finanzzielle Interessen seitens der Züchter oder Wünsche des Käufers das Jungtiere so früh als möglich zu bekommen stehen diesen Überlegungen oftmals entgegen.
Eine Abgabe von nicht futterfesten Jungvögel kann nur an Personen ratsam sein, die schon viel Erfahrungen auf diesem Gebiet gesammelt haben. Nicht futterfeste Tiere an Privatpersonen abzugeben, die bisher keine erfahrungen mit der Handaufzucht von Papageien haben scheint dem Autor verantwortungslos dem Tier gegenüber zu sein. Es können Komplikationen auftreten, die der unerfahrene Halter nicht kennt und gerade die Entwöhnungszeit ist mit die Schwierigste während der Ganzen Handaufzucht.

Zukunftsaussichten handaufgezogener Papageien
Der Heimtiermarkt hat sich bei den Papageien in den letzten Jahren immer weiter weg von Wildfängen hin zu gezüchteten Papageien und hier vor allem zu den Handaufzuchten hin entwickelt. Diese Tendenz ist grundsätzlich positiv, den durch jede verkaufte Nachzucht wird damit der Verkauf von Wildfängen zurückgetrieben.

Wenn ein Privatmann/frau in einem Zoogeschäft die Auswahl zwischen einem vom Verhalten her wilden und dazu auch noch der Natur entnommenen Papageien un deinem zahmen auf die Hand kommenden nachgezüchteten Papagei hat, wird sich der Käufer in den allermeisten Fällen für diese Handaufzucht entscheiden.

Handaufzuchten sind grundsätzlich besser an die Bedingungen in Menschenobhut angepaßt:
1. Sie kennen nicht den Unterschied zwischen Freiheit und Gefangenschaft
2. Sie kennen die Menschen von der ersten Lebensstunde an und reagieren auf dessen Anwesenheit nicht scheu
3. Sie haben den Menschen nur positiv erlebt (er bringt ihnen Futter)

Es gibt viele Äußerungen und Diskussionen über die Zuchtfähigkeit handaufgezogener Papageien. Dazu muß man eindeutig feststellen, daß in einer Gruppe aufgezogene handaufgezogene Papageien durchaus fähig sind selbst dem normalen Brutgeschäft nachzugehen und auch Jungtiere erfolgreich aufzuziehen.
Papageien die einzeln und isoliert, ohne jeglichen Kontakt zu Artgenossen aufgezogen wurden erwiesen sich oftmals als nicht zuchttauglich, da ihre Prägung auf den Menschen einfach zu stark ist und Artgenossen nicht als solche erkannt werden. Bei einer isolierten Handaufzucht eines Papageis sollte man deshalb diesen sobald als möglich zu Artgenossen bringen, damit er deren Verhaltensrepertoire erlernen kann und sich später nicht als „Mensch fühlt“ sondern als Vogel.

Futter wird nicht mehr verdaut
Eines der häufigsten Probleme während der Handaufzucht ist das Nichtverdauen des Futters.
Der Kropf leert sich nicht in der normlerweise üblichen Zeit. Um den Verdauungsvorgang wieder in Gang zu setzen darf man auf keinen Fall einfach weiters Futter zufüttern, sondern sollte etwas Kümmeltee, der verdauungsfördernd wirkt geben. Man dünnt das alte, im Kropf vorhandene Futter damit auf, und bringt die Verdauung damit wieder in Gang. Man sollte die Kümmelteegaben so lange fortsetzen bis der Kropf ganz geleert ist und erst dann wieder
„normales“ Aufzuchtfutter geben.

Überfüllung des Kropfes
Durch eine Überfüllung des Kropfes, z. B. bei einer Fütterung über 15% des Körpergewichtes oder der Fütterung eines Kükens ohne Maßangabe solange das Küken bettelt, kann die Perestaltik des Kropfes, die diesen alle paar Sekunden überzieht aussetzen und der Kropf erschlaft. Dadurch kann sich der Kropf nicht mehr leeren. Mit Hilfe von vorsichtigen Kropfmassagen kann man dieses Problem in Griff bekommen.

Verbrannter Kropf
Ein verbrannter Kropf entsteht durch die Fütterung von zu heißem Futter. Meistens wurde das Futter mit einem Mikrowellenherd erwärmt und vor der Fütterung nicht richtig umgerührt und die Tempertur überprüft. Ein Mikrowellenherd kann das Futter punktuell sehr stark erhitzen (hot spots) und ist deshalb nur sehr bedingt für die Futterzubereitung geeignet.

Das heiße Futter verursacht im Kropf des Vogels Verbrennungen, die je nach Menge des heißen Futters kleinere oder größere Teile der Zellen absterben lassen. Zunächst werden solche Stellen von außen her sichtbar weiß, danach verkrustet die abgestorbene Haut schwarz.
Je nach Alter und Befiederungszustand der Küken, erkennt man solch abgestorbene Hautpartien am Kropf früher oder später. Spätestens, wenn sich die Kruste beginnt abzulösen und der Futterbrei aus dem Kropf heraustritt erkennt man die Situation des defekten Kropfes.
Abhilfe kann hier nur ein erfahrener Tierarzt schaffen, der unter Vollnarkose die abgestorbenen Kropfteile entfernt und dann die übriggebliebene Kropfhaut zusammennäht.
Schwierig wird die Situation nur, wenn mehr als 50 % des Kropfes verbrannt ist. Nach der Operation ist darauf zu achten, daß der Vogelpatient nurmehr kleine Futterportionen bekommt und daß der übriggebliebene Kropf kein so großes Fassungsvermögen mehr hat. Mit der Zeit dehnt sich aber der behandelte Kropf wieder etwas.

Rachitis
Besonders Jungtiere in der Entwicklungsphase können an Rachitis erkranken. Die Knochen erreichen während der Entwicklung und des Wachstums nicht ihre endgültige Festigkeit, sondern bleiben weich verkrümmen oder können auch leicht brechen, da es zu einer mangelhaften Einlagerung von Mineralien kommt. Dies kann Folgende Ursachen haben:

Mangel an Vitamin D3, welches zur Aufnahme von Mineralstoffen aus dem Darmkanal notwendig ist. Um aus der Vorstufe des Vitamins (Provitamin D3) Vitamin D herstellen zu können, braucht der Organismus Sonnenlicht, so daß häufig Tiere aus reiner Innenhaltung betroffen sind. Auch eine ausschließliche Fütterung von Körnerfutter kann durch Mangel an Provitamin D3 zu Rachitis führen.
Mangel an Kalzium und Phosphor im Futter oder aber falsches Verhältnis der beiden Mineralstoffe. Ein Verhältnis Ca:P. von 2:1 wäre ideal.
Behandlung: ausreichend vitamin- und mineralstoffreiche Fütterung sowie die Bestrahlung mit Sonnenlicht oder UV-Strahlen-Lampen.

Dr. Matthias Reinschmitdt